Donnerstag, Dezember 06, 2007

Waldviertler Karpfen - oder: Warum Major-Bashing out ist - oder: Die Gegenwart des Musikbusiness

Es ist so verdammt hart, im Musikgeschäft von heute Kohle zu machen, wenn Du von lauter nun erstarkten puren Idealisten und DIY-Künstlern (wie wohl auch ich einer bin) umgeben bist, die natürlich (und) für nichts arbeiten und Dir dadurch den Markt ruinieren. Das klingt verdammt nach frustriertem old-school Musikfuzzi (der ich ja vielleicht auch noch ein wenig bin – ich bin ja karrieretechnisch ein Relikt aus den 90ern des vorigen Jahrhunderts), aber hat nicht jede Sicht der Dinge einen beachtenswerten Blickwinkel? Ist es nicht tatsächlich so, daß p2p file-sharing schlicht und einfach Diebstahl ist? Macht es wirklich Sinn, all seine Musik "available for free" zu machen, um dann live die Kohle zu verdienen?

Wenn dem so ist – wer zahlt dann meine Musikproduktion (die angeblich so billig geworden ist) und meine Musiker (die ja bei sogenannten “Bands” alle nur “Freunde” sind und einen "band-lifestyle" leben und also nichts kosten)? Wer zahlt die CD-Pressung, denn für Live-Verkauf brauch ich nach wie vor CD’s?
Ich erwirtschafte also live das Geld, das ich dann in o.g. Kostenfaktoren reinvestiere, oder wie? Und wovon soll ich Steuerberater, SVA, Kanalgebühren, Telefonie, Internet, Müllgebühren, Versicherungen, Essen & Trinken, Heizen, Mama's Geburtstagsgeschenk (die will mal wieder was anderes, als mein gerade neues Album...) und die Windeln für mein vielleicht doch einmal existierendes Kind zahlen? Wer von den gerade frisch gehypten Acts, egal ob national oder international, macht wirklich sinnvolle Kostenrechnungen und auch wirklichen Profit? Und mit "sinnvoll" meine ich "beinhart ehrlich zu sich selbst", nicht beschönigend. Kostenrechnung eben, nicht Buchhaltung.

Ist es nicht eher so, daß man einen Nebenjob hat (haben muss), der einen über Wasser hält? (Na super. Da bin ich in Griesbach ja gut aufgehoben. Selber schuld, klar, stimmt.) Aber ist das die supertolle neue Welt des ach so demokratischen, digitalen Musikgeschäfts, daß es dann schlicht und einfach kein Geschäft mehr ist, weil der Kuchen so sehr fragmentiert wird, daß nur mehr Brösel übrig bleiben? Klar, wer kann, der kann auch von Bröseln leben oder aus Brotresten eine leckere Brotsuppe kochen. Aber genau diese Brotsuppe auch noch verschenken?

Mag schon sein, daß die “major companies”, die bösen Bösen die, daß die superviel und ungerecht abgezockt haben. Mag schon sein, daß Macho-Management-Style, Großkotzigkeit und Größenwahn die Karrieren der “Macher” bestimmt haben und viele Musiker-Karrieren ruiniert haben. Aber in welcher Branche und in welchen Konzernen ist das bitte nicht so? Mag schon sein, daß man dann die letzten 10-15 Jahre nur mehr den Quartalszielen hinterhergehechelt ist und für strategisches und inhaltliches nur mehr ganz wenig (eher gar keine) Zeit mehr hatte. Aber in welchem Business und in welchem Konzern ist das nicht so?

All die Visionen über die Zukunft des Musikbusiness sind Schall und Rauch, wenn man die Kostenrechnung aus dem Auge verliert. Und der Kleinstunternehmer kann sich keine langfristigen Planungen und Strategien erlauben - außer er hat sehr reiche und verständnisvolle Eltern, eine äußerst kulante Bank, guten Zugang zu Förderungen - oder? Oder ein Major Label als Verbündeten.
So schaut’s aus.

Nachsatz:
Ich jedenfalls werde bei meiner CD-Präsentation (Termin folgt noch!) Eintritt verlangen, weil ich denke, daß ich denen, die mich live erleben wollen, das wert bin. Ich werde weiterhin keine Konzerte spielen, bei denen gar keine Gage für uns Musiker überbleibt, und wenn die Gage auch nur symbolisch ist (wie fast immer). Ich werde auch weiterhin meine Musik nur auszugsweise verschenken und nicht, wie so mancher Visionär behauptet, meine Aufnahmen als Promotion-Tool für Live-Konzerte mißbrauchen. Ich werde weiterhin versuchen, meine Mitmusiker so gut wie möglich zu zahlen, in der Hoffnung, daß sie mir weiterhin zur Seite stehen. Ich werde weiterhin meine Songs so schreiben, wie ich sie spüre und das so eingängig wie möglich, weil ich es liebe, wenn Menschen meine Melodien im Kopf haben, und nicht Songs schreiben, die möglichst so klingen, wie sie irgendwelche hippen Opinion Leader klingen haben wollen. Ich werde nie hip sein. Ich werde weiterhin mein Erspartes anknabbern, um glücklich weiterzuschwimmen. Mal stromauf, mal stromab. Mal bacherlauf, mal bacherlab. Griesbacherlab. Ich werde weiterhin strengste Kostenrechnung betreiben und gleichzeitig so sparsam wie möglich leben, um eben genau die Musik machen zu können, die ich will. Und ich werde nicht aufgeben. Nicht heute, nicht morgen, niemals.

Bevor ich aufgebe, gibt's keinen einzigen Karpfen im Waldviertel mehr. Und der allerletzte Karpfen ist aus meinem Teicherl.