CHRIS GELBMANN & CO. / LIVE / 26.04.2019
Gelb.Gold.Mann!
Können Worte
etwas? Wenn dem so ist, wenn Worte etwas können, dann werden sie etwas bewegen.
Was das genau ist, weiß ich selbst noch nicht. Es ist ein schwieriges Unterfangen,
das zu erklären. Am Schluß jedenfalls, so hoffe ich, wird sich etwas ergeben.
Hat sich etwas ergeben. Sie wurden bewegt. Etwas zu tun. Etwas zu lassen. Etwas
zu spüren. Etwas zu erahnen. Etwas zu schreiben. Worte, nicht Wörter, können
etwas. Worte können das.
Es geht um
einen Mann, den Sie vielleicht kennen, wenn Sie in den letzten zwanzig Jahren
professionell mit Musik zu tun hatten in diesem Land. Es geht um Chris
Gelbmann. Sie erinnern sich an ihn? Er war lange weg. Im tiefsten Waldviertel.
Auf einem Bauernhof. Mit Schafen, Hunden, Katzen. Mit Kind und Kegel. Keine
Auszeit, sondern wahrscheinlich die intensivste, härteste, lehrreichste Zeit
seines Lebens. Chris Gelbmann hat sich zurückgezogen, Ende 2007. Zurückgezogen
wovon? Wovor? Warum? Das müssen Sie ihn selbst fragen. Jedenfalls hatte er
davor einen respektablen, ja glamourösen Job als Manager in der Musikbranche.
Major Business, mit allem Drum und dran. Er hat mit André Heller verhandelt und
Christina Stürmer beraten, er war auf Du und Du mit allen Licht- und
Schattengestalten der Szene. Es war nicht das, was er suchte. Aber auch etwas,
von dem er lange nicht lassen mochte.
Und da gab es
noch einen anderen Chris Gelbmann. Ein alter ego. Einen Künstler gleichen
Namens. Nicht, dass er Starruhm und -Rang erklommen hätte, aber dieser Künstler
– das, was man landläufig einen Singer/Songwriter nennt – erspielte sich
Respekt. Und Zuhörer. Er tut das seit 1985, als er gerade 13 Jahre alt war. Es
gab drei Alben zwischen 2004 und 2008, „The Pink Beast of Love“, „Milos And
More“ und „Songster“, alle veröffentlicht auf dem eigenen Label Buntspecht
(aber das ist wieder eine andere Geschichte). Besonderes letzteres ist mir in
Erinnerung geblieben: als streckenweise wütendes, dann wieder zärtliches,
jedenfalls denkwürdig vitales Dokument voll zitternder Dringlichkeit. Da tut
sich etwas auf, da kommt noch viel, dachte ich, dachten wir, aber dann – kam
nichts mehr. Ab und an ein Lebenszeichen aus dem nördlichsten Waldviertel. Ein
Telefonanruf. Ein Posting. Aber auch die wurden seltener.
Aber dass die
Musik Chris Gelbmann nicht loslassen würde, niemals, das war jedem klar, der
den Kerl auch nur ansatzweise kennt. Leicht machte (und macht) er es ja einem
oft nicht, ihn als Mensch und, mehr noch, als schöpferisches Mannsbild
wahrzunehmen, weil Vereinzelung, räumliche Distanz und selbstgewählte Isolation
der oberflächlichlichen Bequemheit
unserer Welt diamentral entgegenstehen. Und Chris Gelbmann ist, nun ja:
ein kantiger Charakter. Ein eigenwsinniger Kerl. Ein Verbindungsmann zu etwas,
das wir nur kennenlernen können, wenn wir selbst es wollen. Und Chris uns davon
erzählt.
Er erzählt uns
davon in Songs. Liedern, die er selbst schreibt, selbst arrangiert, selbst
singt. Er arbeite wieder an einem neuen Studioalbum, teilt er mit, und es
klingt so, als könne er selbst noch nicht ganz glauben. Davor noch kehrt er auf
die Bühne zurück. „Nach einem Gastauftritt bei
Matthias Kempf und Martin Mader im Schloss Drosendorf im Sommer 2018 hat mich
der Hafer gestochen“, schreibt er, „und ich habe beschlossen, wieder ein
Live-Konzert zu wagen.“ Und weiter: „Ich werde alte und auch neue Songs
spielen, aber auch ganz alte, die ich noch nie aufgenommen oder live gespielt
habe, und vielleicht die eine oder andere Cover-Version. Die Besetzung ist so
gewählt, dass ich auch ein bisserl Gas geben kann, aber es wird sicher ein eher
ruhigeres, intensives Konzert. Mehr weiß ich noch nicht, da ich erst am Tag vor
dem Gig mit der Band proben werde. Es wird also sicher auch spontan, weil wir
bewusst nicht überprobt sein werden, also Raum für Improvisationen existiert.
Ich lege viel Wert auf aktives Zusammenspiel mit dem Musikern durch Handzeichen
oder Augenkontakte etc. und dementsprechend sind die Musiker auch ausgewählt.“
Was
das genau wird, weiß ich selbst nicht. Noch nicht. So wie er. Ich weiß nur
eines: ich werde dort sein, am 26. April im „Local“ in Wien. Chris wird dort sein, mit der akustischen und der
elektrischen Gitarre, einem guten Mikrofon und einer Mundharmonika. Martin
Mader wird dort sein mit einem Keyboard, Andrea Fränzel mit einem elektrischen und
einem akustischen Bass. Lenny Dickson wird dort sein mit seinem Schlagzeug. Und
Roswitha Dokalik wird dort sein und Franz J. Sauer, erstere mit ihrer Violine,
letzterer mit seiner Orgel.
Werden Sie auch dort sein? Das hieße: es wird mehr erwartet,
als ein Konzert bloß anzukündigen. Ein Konzert unter hunderten, tausenden,
gewiss. Aber dann auch wieder nicht. Für Chris Gelbmann geht es um vieles. Um
alles, möglicherweise. Es ist die Rückkehr eines verlorenen Sohnes. In eine
Existenz, die nicht mehr real schien. In ein Leben, das nie aufhörte zu sein.
Und wirklicher, zwingender, glücklicher werden kann als alles, was war. Kann Musik
etwas? Wenn dem so ist, wenn Musik etwas kann, dann wird sie etwas bewegen. Was
das genau ist, weiß ich nicht. Noch nicht. Finden Sie Worte dafür, sie können etwas. Sie können das.
Walter Gröbchen
CHRIS
GELBMANN & CO.
LIVE IN
CONCERT
26.04.2019:
21:00h : LOCAL
Heiligenstädter Str. 31, 1190 Wien
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