Sonntag, August 12, 2007

Bruno Schuh swingt

Mein neuer Kater ist rot und heisst Bruno.
Heute hab ich eine interessante Beobachtung gemacht: Je öfter man ihn in sein Ich-Gehe-Jetzt-Zum-Tierarzt-Bitte-Sei-Nicht-Bös-Aber-Das-Muss-Sein-Körbchenartiges-Gefängnis-Mit-Gitter-Vorne-Dran-Eisern einsperrt, desto öfter geht er dann freiwillig in genau jenes Ich-Gehe-Jetzt-Zum-Tierarzt-Bitte-Sei-Nicht-Bös-Aber-Das-Muss-Sein-Körbchenartiges-Gefängnis-Mit-Gitter-Vorne-Dran-Eisern hinein, auch wenn es nicht mit dem Gitter-Vorne-Dran-Eisern (also so ein Gitter halt) versperrt ist.
Wenn aber dieses jene Gitter-Vorne-Dran-Eisern (also so ein Gitter halt) vorne an seinem Ich-Gehe-Jetzt-Zum-Tierarzt-Bitte-Sei-Nicht-Bös-Aber-Das-Muss-Sein-Körbchenartiges-Gefängnis-Mit-Gitter-Vorne-Dran-Eisern dran sein wird, dann muss ich ihn zwingen. Hineinzugehen.
Was sagt uns das?
Dass Bruno in die Zukunft sehen kann?
Dass er, der Bruno, lieber in seinen Käfig geht, wenn es ihm nicht als Käfig erscheint?

Ich höre seit geraumer Zeit Nick Drake und frage mich, woher diese Ruhe kommt, die er in seiner Musik ausstrahlt und wohl nie in sich selbst hatte.
Ist das, was rausdarf - oder besser: rauskann - , eine Art symptomathisches Placebo für die Schmerzen, die ein Zu-Viel-Wissen-Von-Sich-Selbst verursachen kann, wenn man - glücklicherweise - nicht allzu sehr aufpasst, daß es auch hart sein kann, sich selber zuzuhören?

Oft hab ich mich gefragt, wie großartige Musiker es hinkriegen, gleichzeitig intuitiv und exakt zu sein. Das geht nämlich eigentlich - oder besser: überhaupt - gar nicht. Und das ist Swing. Und Swing macht die Groove. Swing ist der Abstand zwischen Intuition und Exaktheit. Ohne Swing lebt die Musik nicht.

Mit jedem Ton, den ich singe, möchte ich ins Bett gehen können. Wenn es sein muss, ins Sterbebett. Der Tod ist lediglich der letzte Akt. Vielleicht ist es besser, wenn man gar nicht so genau weiss, wann der letzte Vorhang fällt. Welcher Vorhang überhaupt? An manchen Orten erscheint es oft geradezu zynisch, von Vorhängen zu sprechen, die fallen. Oft kommen die wie eine Guillotine rüber. Nein: Runter.

Und noch immer Nick Drake hier.
Schwebt wie ein einsamer Kämpfer über meinem dichtbehaarten Kopf und sagt eine Frage ohne Fragezeichen.
Er wollte wohl nie eine Antwort haben.

Das, was mich berührt, ist das, was ich zuvor nicht kannte, obwohl ich es immer in mir gespürt habe.

Ein paar Worte noch zu Franz Schuh: Wer den nicht kennt, kennt ihn nicht. Also dann.